Österreichische Rorschach Gesellschaft

Anwendungsgebiete

Informationsgehalt und Einsatzmöglichkeiten des Rorschach-Tests

Der Rorschach-Test ist ein psychodiagnostisches Verfahren, das in Kombination mit anderen psychodiagnostischen Methoden in verschiedenen psychologischen Arbeitsfeldern eingesetzt wird. Bei der Interpretation geht es darum, die vielen Einzelinformationen wie bei einem Mosaik zu ordnen und zu einem Ganzen zusammenzufügen, um ein vertieftes Verständnis der Persönlichkeit zu ermöglichen.

Für klinische Fragestellungen liefert der Rorschach-Test wesentliche Hinweise zur Differenzierung verschiedener psychischer Krankheitsbilder. Auch Aussagen über persönliche Stärken und Ressourcen lassen sich treffen, wodurch sich wertvolle Informationen für Beratung und Behandlungsplanung ergeben können.

Durch den projektiven Charakter der Rorschach-Bilder ist ein bewusstes Beeinflussen der Antworten und damit des Testergebnisses im Vergleich zu Fragebögen viel schwerer möglich. Deshalb kommt dieses Verfahren häufig für gutachterliche Fragestellungen im forensischen Bereich zum Einsatz.

Wissenschaftler:innen aus den Vereinigten Staaten, Japan, Schweden, Südamerika und aus den romanisch sprechenden Gebieten Europas vergleichen regelmäßig ihre Datensammlungen und Untersuchungen.

Anhand der Auswertung nach dem Comprehensive System
lassen sich beispielsweise Aussagen treffen über:


• Realitätsbezogenheit der Wahrnehmungen bzw. Konformität der Informationsverarbeitung
• Denkstörungen (z. B. im Zuge psychotischen Geschehens oder psychischer Traumatisierung)
• Persönlichkeitsstile bzw. Reaktionsmuster in Problem- und Entscheidungssituationen
(z.B. eher gefühlsmäßig spontanes Herangehen oder bedachtsam gedankliches Abwägen)
• Belastbarkeit unter Stress bzw. psychische Ressourcen im Umgang mit Herausforderungen
• Situatives bzw. chronisches Stresserleben
• Affektivität (Affizierbarkeit, Verarbeitung von Emotionen, Modulationsfähigkeit des Ausdrucks,
Depressivität etc.)
• Suizidgefährdung
• Zwängliche Tendenzen
• Hypervigilanz (innere »Alarmbereitschaft«, Vorsicht, Misstrauen)
• Selbstwahrnehmung (Selbstwertgefühl, Selbstbild, Introspektionsfähigkeit,
übermäßige Selbstbezogenheit)
• Grundlegende Verhaltenstendenzen in sozialen Beziehungen
(soziales Interesse, Initiative bzw. Scheu, Neigung zu Isolation)

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Rorschach in der Praxis – Psycholog:innen berichten:

Mag. Petra Rau
Klinische Psychologin und Sachverständige


„Ich wende die Rorschach-Testung nach Exner-Validierung seit rund 20 Jahren in meiner klinisch psychologischen Praxis als ein wesentliches diagnostisches Instrument an. Ich schätze dabei diesen einzigartigen Zugang in gut validierter Form quantitative und qualitative Erkenntnisse über Wahrnehmungs- und Denkprozesse der Probanden zu gewinnen. In meiner Eigenschaft als Gerichtsgutachterin erachte ich es als besonders wertvoll über diese Methodik Daten zu gewinnen, die nicht bewusst verfälscht werden können. Verhaltensbeobachtungen der Probanden im Umgang mit diesem Verfahren geben wichtige zusätzliche Informationen.“

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Mag. Daniela Grote
Klinische- und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin i.A.u.S.,
Wilhelminenspital Kinderklinik Glanzing, Station für Kinderpsychosomatik und Psychotherapie - Pav. 18


„Das Rorschachverfahren nach Exner wird von mir an der Klinik für Kinderpsychosomatik im Wilhelminenspital seit vielen Jahren eingesetzt. Neben einer klassischen testpsychologischen Diagnostik halte ich dieses Verfahren für ausgesprochen hilfreich, da es oft die ausschlaggebenden Hinweise für das diagnostische Verständnis liefert. Darin zu finden sind die überdauernde aber auch die aktuelle emotionale Belastung, deren Erregtheit oder Gehemmtheit bzw. Einengung, sowie die Möglichkeiten einer kognitiven und emotionalen Bewältigung, die zu einem ausagieren oder Rückzug drängen.
Insgesamt halte ich diese Verfahren in seiner validierten Form für besonders geeignet, quantitative und qualitative Erkenntnisse über die Ich-Funktionen (Wahrnehmung, Kognition, Affekt, Regulation, Beziehungs- und Selbsterleben) zu gewinnen.“

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Dr. Regina Skolek-Winkler
Klinische- und Gesundheitspsychologin, SMZ Baumgartner Höhe - OWS/ Psychiatrisches Zentrum, Psychologisches Labor


„Allen jenen, welche den Rorschach-Test als „kein psychologisches Testverfahren“ abklassifizieren, muss gesagt sein, dass im klinischen Bereich in den meisten Fällen – speziell im Rahmen der Psychosendiagnostik – dieses projektive Verfahren nicht wegzudenken ist!
Welche Chance gibt es sonst bei Symptome negierenden PatientInnen, ein akut psychotisches Bild zu erfassen? In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass von zuweisenden ÄrztInnen oft der Rorschach-Test explizit gewünscht wird – aus der inzwischen langjährigen Erfahrung seiner Qualitäten!“

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Mag. Dr. Sabine Amon
Klinische- und Gesundheitspsychologin, Forensische Psychiatrie Mauer


„In der forensischen Arbeit ist der Einsatz des Rorschach-Form-Deute Verfahrens unverzichtbar...
die Vielfalt der Informationen, ohne der sozial erwünschten Verzerrung sind für die Diagnostik, die Behandlung und für die Prognostik maßgeblich.“

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Mag. Margot Koller
Klinische- und Gesundheitspsychologin, Gerontopsychologin, Psychologischer Dienst im Pflegewohnhaus Baumgarten mit sozialmedizinischer Betreuung


„Das Rorschach-Formdeuteverfahren kommt in meiner Arbeit mit psychiatrischen, aber auch geriatrischen und neuropsychologischen PatientInnen immer wieder als hypothesengenerierendes Diagnostik-Instrument zum Einsatz. Mit der standardisierten Auswertung nach dem Comprehensive-System steht nicht nur ein umfassendes, sondern auch eine reliables und valides Instrument zur Verfügung.
Der Rorschach-Test kann wichtige Einblicke in die vielschichtige Persönlichkeitsstruktur eines Patienten bzw. einer Patientin liefern und erweist sich bei der Differenzialdiagnostik als sehr nützlich.
Außerdem gewinne ich durch die Arbeit mit dem Rorschach-Test wertvolle Ansätze und Ideen für die klinisch-psychologische Behandlung. Gerade in der älteren Generation, die es teils noch nicht gelernt hat, Gefühle zu artikulieren, kann es eine wertvolle Ergänzung zu Standard-Fragebögen sein.“

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Dr. Marion Waldenmair
Klinische- und Gesundheitspsychologin, Sachverständige für Kinder-, Jugend- und Familienpsychologie
in Freier Praxis

Ich arbeite als psychologische Gutachterin für das Familiengericht, Fragestellungen sind die nach einer Kindeswohlgefährdung durch Elternteile oder nach Obsorge und Besuchsrecht für Kinder nach Trennungen. In einer solchen Situation sind Menschen in der Befundaufnahme selten offen, sie versuchen sich möglichst gut darzustellen. Damit ist eine realistische Einschätzung ihrer Persönlichkeit erschwert.
Der Rorschach-Test ist hier besonders wertvoll, weil er schwer zu verfälschen ist und oft bin ich verblüfft, wie gut er die Persönlichkeiten abbildet und wie stimmig seine Ergebnisse zu den übrigen Daten, die ich über den Akt und die Beobachtungen und Gespräche habe, passen. Er hilft mir, meine Beobachtungen zu präzisieren, manchmal auch Klarheit zu bekommen, wenn ich nur einen Verdacht in eine Richtung habe. Überdies liefert er viele Ergebnisse, die für die Erziehungsfähigkeit von Relevanz sind, wie Stresstoleranz, soziale Kompetenzen, Affektmodulation, Introspektionsfähigkeit. Leider ist seine Anwendung trotz Exner weiterhin umstritten, daher verwende ich ihn als „zusätzliches Beobachtungsinstrument.“

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Member of the International Society of the Rorschach and Projective Methods